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News “The new normal im Stadtwerke-Vertrieb” — Mögliche Perspektiven „nach“ Corona

24. August 2020 Dr. Heike Hahn
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Noch mitten in der Corona-Krise sollten sich Stadtwerke Gedanken machen, inwieweit sie daraus resultierende Entwicklungen in zukünftigen Vertriebsansätzen berücksichtigen wollen, auch um eine resiliente Aufstellung für eine erfolgreiche Zukunft zu erzielen.

Erschienen in: e|m|w (Energie.Markt.Wettbewerb) Ausgabe 4/2020 (www.emw-online.de)

Strategieprojekte der con|energy unternehmensberatung beginnen in der Regel mit einem Blick auf die Zukunft. Diese wird beeinflusst durch Entwicklungen im Mikroumfeld (Wettbewerb und Kunden im Stadtwerkeumfeld, Anteilseigner etc.) und im Makroumfeld (Politik, Recht/Regulierung, Technologie, Ökonomie, Ökologie, Sozio-Demographie etc.). Hinzu kommen Megatrends wie „Individualisierung“, „Konnektivität“ oder „Mobilität“, die man lt. Zukunftsinstitut nicht voraussagen muss, da sie bereits da sind. Sie markieren Veränderungen, die sowohl den einzelnen Menschen, aber auch die Gesellschaft als Ganzes schon lange prägen und über Jahrzehnte noch prägen werden – langsam, dafür aber grundlegend und langfristig. 

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Einflusssfaktoren aus dem Markro- und Mikroumfeld eines Stadtwerks

 

Strategien müssen sich an der Zukunft messen lassen

Das Wissen, wie sich der Markt und das eigene Umfeld in Zukunft entwickeln werden, ist essenziell für den zukünftigen Erfolg. Nur mit einem solchen, optimalerweise von allen Mitarbeitenden getragenen Bild der Zukunft kann ein Stadtwerk heute beginnen, zielgerichtet auf die Erfüllung kommender Anforderungen hinzuarbeiten und sich ergebende Chancen zu nutzen sowie Risiken handhabbar zu machen. Dabei ist die Unsicherheit einer Voraussage umso größer, je weiter man nach vorne schaut. So wird immer von einem „sehr wahrscheinlichen“ Bild der Zukunft gesprochen. Sinnvollerweise werden daher neben einem „Trendszenario“ auch „Alternativszenarien“ abgeleitet, die aus Sicht der Teilnehmenden weniger wahrscheinlich, aber immer noch denkbar und somit zumindest im Erwartungshorizont sind. Die identifizierten Einflussfaktoren können so regelmäßig hinsichtlich ihres tatsächlichen Eintreffens überprüft und Maßnahmen bei Bedarf angepasst werden.

Dabei zeichnet jedes Stadtwerk ein zumindest in Teilen anderes Bild von ihrer „wahrscheinlichsten Zukunft“. Die an der Erarbeitung beteiligten Teams  bewerten sowohl die Einflussfaktoren als auch deren Ausprägung unterschiedlich. Und nicht jeder hält alle Faktoren für sein Haus relevant bzw. sieht Entwicklungen weniger positiv als andere. Welche strategischen Ansätze ein Stadtwerk dann im nächsten Schritt aus diesem Wissen um seine Zukunft ableitet ist ebenfalls wieder von Stadtwerk zu Stadtwerk verschieden. Dies hängt unter anderem ab von individuellen Stärken, Schwächen, Affinitäten und unternehmerischen Entscheidungen.

Prä-Corona: Zukunftsbild und strategische Ansätze

Vor Corona haben sich viele Stadtwerke aufgrund der absehbaren Entwicklungen, beispielsweise rund um Megatrends wie Konnektivität oder Individualisierung, des technologischen Fortschritts sowie der Bedarfe von Kunden und Mitarbeitenden und in Abgleich mit den eigenen Stärken und Schwächen entschieden, die in der Regel bereits begonnene digitale Transformation weiter zu forcieren – mehr oder weniger intensiv. Auf Basis von spartenübergreifend nutzbar gemachten Informationen, die eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden ermöglichen und Marketing-Automatisationslösungen, die diese verwertbar machen, lassen sich beispielsweise Angebote und Services individualisieren. Mithilfe von „Predictive Analytics“-Lösungen sollen Kundenwechsel vermieden und ‑bedarfe für Cross- oder Upselling identifiziert werden.

Durch die Anwendung von Algorithmen auf Ereignisse oder zukünftige Veränderungen kann in Echtzeit reagiert werden. Digitale Plattformen werden geplant, über die eigene, aber auch Leistungen von Partnern vertrieben und abgewickelt werden sollen. Nach innen gerichtet sorgen automatisierte Prozesse für mehr Effizienz und Erleichterungen für Mitarbeitende und machen Wachstum möglich. Auf der anderen Seite wurden digitale Technologien im Rahmen der Kommunikation mit Kunden, Partnern oder Kollegen im Homeoffice oftmals noch eher skeptisch gesehen.

Oftmals wurden auf Basis der abgeleiteten strategischen Ansätze zudem strukturelle Anpassungen vorgenommen beziehungsweise beschlossen: So hat Agilität Einzug in manches Stadtwerk gehalten mit dem Ziel, sich immer wieder flexibel an den sich dynamisch verändernden Rahmenbedingungen im Umfeld ausrichten zu können. Nur Stadtwerke, die mit anpassungsfähigen Organisationsmodellen und schnellen Reaktionszeiten aufwarten können, dürften das Potenzial haben, langfristig erfolgreich im Wettbewerb bestehen zu können.

Post-Corona: Prozessverstärker

Und nun ist da Corona. Eine Umfrage von energate im April 2020 unter Lesern in Deutschland, Österreich und der Schweiz hat ergeben, dass jeder zweite Umfrageteilnehmer davon ausgeht, dass es bei Energieunternehmen in Folge der Coronakrise zu Liquiditätsengpässen und in einzelnen Fällen sogar zu Insolvenzen kommen wird. Als Ursache dafür nennen die Befragten vor allem Zahlungsausfälle und Ratenzahlungen durch eine Vielzahl von Kunden. Insbesondere für kleinere und mittlere Versorger steigen dadurch die finanziellen Risiken. Mehr denn je ist also unternehmerische Voraussicht gefragt, um knapper werdende finanzielle Mittel – auch seitens der Kommunen – für die „richtigen Dinge“ einsetzen zu können.

Was nach wie vor – beziehungsweise mehr denn je – die Beschäftigung mit der eigenen Zukunft und die Bildung von Szenarien notwendig macht. Zukunftsforscher Matthias Horx bekräftigt in seinem Beitrag „Big Corona Shift“ (in: Die Welt nach Corona, hrsg. v. Zukunftsinstitut, 2020, S. 8), dass die Coronapandemie als Krise bezeichnet werden kann, die erst dann vorbei ist, wenn man gelernt hat, die entstehende Welt mit den Augen der Zukunft zu sehen.

Sehen diese Szenarien anders aus als vor Corona? Haben sich das oben geschilderte Prä-Corona-Zukunftsbild und die daraus entstandenen Ansätze überholt? Ja und Nein. Durch Corona beschleunigen sich laut Horx unter anderem Prozesse, die bereits im Gange waren und auf einen Tipping Point zuliefen. Eine „Tiefenkrise“ wie die Coronapandemie bewirke umfassende Veränderungen, die auch danach über längere Zeit erhalten bleiben – oder einen längeren Prozess des Wandels auslösen. So sollen viele Menschen eine neue Form der Selbstwirksamkeit erfahren haben, dank der sie in der Lage waren, ihr verändertes Leben im Lockdown zu bewältigen und sich nun die Frage stellen: Wie wollen wir in Zukunft leben?

Auswirkungen auf den Stadtwerke-Vertrieb

Auch ein Stadtwerk sollte sich Fragen stellen wie: Was kann unser Beitrag sein, um dieser Krise zu begegnen? Werden wir mit unserer aktuellen Aufstellung, die aus Prä-Corona-Szenarioanalysen hervorgegangen ist, den Ansprüchen unserer Kunden und Mitarbeitenden langfristig gerecht? Was ist mit unseren eigenen Ansprüchen und Werten, müssen wir diese überdenken? Wie wollen wir in Zukunft agieren?

Schon vor Corona waren die Vertriebe, die auf sich ergebende Chancen oder Risiken aus dem sich verändernden Umfeld schnell reagiert haben, im Vorteil. Wurden diese nicht ergriffen beziehungsweise nicht erkannt, war dies allerdings nicht zwingend existenzbedrohend. Die Krise hat nun zum einen gezeigt, dass es auch im Vertrieb risikoreiche Situationen gibt, die auf jeden Fall einer Reaktion bedürfen – und das sehr schnell. Zum anderen eröffnet sie Chancen für Stadtwerke, ihren eigenen Wirkungskreis so auszugestalten, dass Kunden und sonstige Anspruchsgruppen darin in Zukunft leben wollen.

Schub für die Digitalisierung in Vertrieb und Kundenservice

Offensichtlich dürften die Auswirkungen von Corona auf die Digitalisierung von Angeboten und Prozessen sein. In der Tat sind sich die Befragten der oben genannten energate-Umfrage einig, dass die momentane Situation der Digitalisierung der Unternehmen einen nachhaltigen Schub geben wird. Über 80 Prozent sind der Meinung, dass die Energieunternehmen nach der Krise digitaler sein werden als vorher. Homeoffice und Onlinekonferenzen werden der Branche erhalten bleiben. Das liege daran, dass Mitarbeitende die analogen Strukturen in den Unternehmen kritischer hinterfragen werden. Zudem sei damit zu rechnen, dass die Unternehmen ihre Investitionen in die Kommunikationsinfrastruktur und die Digitalisierung ausbauen. Damit dürfte das oben beschriebene Prä-Corona-Bild bekräftigt beziehungsweise sogar beschleunigt werden.

Vertrieb und Kundenservice waren in jeder Phase der Coronapandemie ansprechbar – in den meisten Fällen aus dem Homeoffice und ohne den vor Ort-Kundenkontakt im eigenen Servicecenter. Vielmehr waren Telefon, E‑Mail, Website oder die sozialen Medien Anlaufstellen für die Kunden. Um dies sowie die interne Kommunikation der Teams untereinander sicherzustellen, war die IT in der Lage, entsprechende Hard- und Software schnell breitflächig auszurollen – und hunderte von Mitarbeitenden entsprechend zu schulen. Mitarbeitende haben in der Krise also den Nutzen einer Digitalisierung im Alltag erlebt – und in weiten Teilen wohl auch akzeptiert.

Dabei lief sicher nicht immer alles fehlerfrei, denn viele digitale Angebote sind „auf die Schnelle“ entstanden. Aber: Es wurde geholfen – zudem noch kontaktlos – und auch die meisten Kunden haben diese Leistung in der Krisenzeit honoriert. Hier heißt es aber nun, sich professioneller aufzustellen und zum Beispiel Prozesse konsequent dahingehend zu optimieren, dass sie automatisiert und ohne Medienbrüche effizient ablaufen und dazu beitragen, eine vollends positive Customer Experience zu schaffen. Sicherlich gab es diesen Anspruch auch bereits vor Corona, aber die Dringlichkeit der Umsetzung schien oftmals im Vergleich mit anderen, ebenfalls IT-getriebenen Projekten, nicht hoch genug.

Auch in den Kundencentern selbst ergeben sich zukünftig neue und aus Kundensicht nachvollziehbare Ansätze zur Digitalisierung: Hohe Hygienestandards und Social Distancing sprechen dafür, die Abläufe vor Ort kontakt- und bargeldlos zu gestalten. Das bedeutet auch, Papier und vor allem den noch oftmals geteilten Kugelschreiber aus den Servicecentern zu verbannen und durch digitale Formular- und Unterschriftslösungen zu ersetzen. Wartezeiten lassen sich durch vorherige Online-Terminvergaben vermeiden – eventuell mit der Option, alternativ virtuelle Beratungslösungen in Anspruch zu nehmen. So kann die nunmehr etablierte Videokonferenz beibehalten werden, ergänzt um virtuelle Produktpräsentationen mithilfe von Augmented-Reality-Anwendungen. „Hilfe zur Selbsthilfe“ über zumeist vorhandene, aber durch Kunden oft noch wenig intensiv genutzte Self-Service-Plattformen kann bei der Gelegenheit gleich mit vermittelt werden.

Ob allerdings tatsächlich Bestrebungen umgesetzt werden sollten, auf Kundencenter vor Ort ganz zu verzichten, scheint aus Kundensicht angesichts der Krise fraglicher denn je, wie die Ausführungen des folgenden Abschnitts verdeutlichen.

Regionalität und Neo-Tribes als Maßgabe der Produktentwicklung

Stadtwerke sind naturgemäß immer schon stark auf ihre Region fokussiert und nutzen die vor Ort gegebenen Möglichkeiten als Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb. Das Zukunftsinstitut hat insgesamt vier Szenarien gezeichnet, die Möglichkeiten aufzeigen, wie die Coronakrise die Welt grundsätzlich verändert. Diese bieten einen Orientierungsrahmen, diese Zukunft aktiv mitzugestalten. Eines der vier Szenarien beruht auf positiven Möglichkeitsräumen im lokalen Kontext, weshalb sich dieses Szenario zur Gestaltung durch ein Stadtwerk anbietet, ohne dass zu erwarten ist, dass sich eines der Szenarien in Reinkultur durchsetzen wird. Dieses Zukunftsszenario wird vom Zukunftsinstitut beschrieben als „Rückzug ins Private“ (z. B. unter zukunftsinstitut.de)

Durch den Lockdown ist das Bedürfnis nach Gemeinschaft gewachsen, wobei sehr darauf geachtet wird, mit wem der Alltag geteilt wird (falls eine neue Krise droht). Menschen besinnen sich auf kleine Gemeinschaften – sogenannte Neo-Tribes. Nachhaltigkeit und Wir-Kultur sind wichtige Werte, die lokal gedacht werden. Die Angst vor Ansteckung hat einen Rückzug ins Private und die Wiederentdeckung der Häuslichkeit beflügelt. An Veranstaltungen nimmt man virtuell teil. Digitalisierung hat den Alltag durchdrungen. Nachbarschaftshilfe im Rahmen fester Strukturen besitzt hohe Attraktivität, die Sharing Economy gewinnt in regionalen Netzwerken neue Relevanz. Auf hilfebedürftige Menschen wird besondere Rücksicht genommen und es helfen die, die keiner Risikogruppe angehören. Der Ausfall globaler Handelsketten hat eine „Re-Regionalisierung“ bewirkt. Die Krise hat die Aufmerksamkeit für die unmittelbare Umgebung geschult, was zu einem Comeback des lokalen Herstellens und Handelns geführt hat. Kunden legen Wert auf regionale Erzeugnisse. Gut aufgestellte regionale Gemeinschaften bilden autonome Ökosysteme. Kreislaufwirtschaften ist normal geworden. Menschen ziehen vermerkt aufs Land oder in kleinere Gemeinden, wo Selbstversorgung gelebt werden kann. In der Krise wurde vielen bewusst, wie ungesund städtische Lebensräume waren. Fahrräder oder E‑Roller sind das Fortbewegungsmittel der Wahl, der ÖPNV wird eher gemieden. Homeoffice und andere New Work-Trends haben sich durchgesetzt. 

 

Ein solches Szenario aktiv mitzugestalten bedingt Veränderungen im Leistungsangebot eines Stadtwerks. Denkbare Ansätze und damit verbundene Fragestellungen könnten beispielsweise sein:

Angebot regionaler Produkte: Steigt die Nachfrage nach Regionalstromprodukten stärker als bisher? Sind dazu entsprechende Zertifikate notwendig – oder sind diese verzichtbar, weil das Vertrauen in das Stadtwerk – und seine Partner – ausreichend groß sind? Gewinnt die Blockchain an Bedeutung, um die Herkunft des Stroms nachzuweisen?

Autarkieangebote: Wollen Kunden ihre Unabhängigkeit von Dritten durch dezentrale Energieversorgungslösungen weiter stärken und zu selbstversorgten Prosumern werden? Stehen dabei möglicherweise, wie Horx in seinem Beitrag als eine Zukunftsthese formuliert, nicht mehr „Preis und Effizienz“, sondern „Resilienz und Variabilität“ im Fokus?

Schaffen von Communities: Kann eine solche Selbstversorgung auf Quartiere oder Nachbarschaften ausgeweitet werden? Sind Energieversorgungs- und Mobilitätsleistungen je nach Bedarf im Quartier tauschbar („Gibst Du mir an hellen Tagen einen Teil Deiner Stromanteile aus der PV-Anlage, dann gebe ich Dir an windigen Tagen einen Teil meiner Stromanteile aus der vertikalen Windanlage des Quartiers“)?

Individuelle und ökologische Mobilitätslösungen: Bewegen sich Menschen zukünftig überwiegend innerhalb ihrer Nachbarschaft, was das eigene Fahrzeug noch entbehrlicher macht? Werden damit Sharing-Lösungen attraktiver? Wird der ÖPNV die Hygieneerwartungen der Nutzer befriedigen können – oder verschiebt sich die Nutzung von Massentransportmitteln hin zu individuellen On-Demand-Lösungen auf ökologischer Basis?

Kooperativen mit lokalen Partnern: Lassen sich Kooperationen mit Handwerks-unternehmen und Dienstleistern wie Autohäusern vor Ort gestalten, um Angebote aus einer Hand rund um E‑Mobilitätslösungen zu machen? Werden ganzheitliche „Rund ums Haus“-Lösungen über digitale Plattformen eines Stadtwerks angeboten, mit der sogar der Alltagseinkauf möglich wird („Concierge-Services“)?

Wiederbelegung des Smart Home: Werden Smart Home-Anwendungen, mit denen sich Energieversorger schon seit langer Zeit befassen, durch zusätzliche Anwendungen rund um Online- und Lieferdienste attraktiver, mit denen sichergestellt werden kann, dass auch in der Krise alle benötigten Güter zuverlässig geliefert werden? Was kann und will ein Stadt-werk mit seinen Partnern hier anbieten – möglicherweise als ein Bestandteil eines Produktbaukastens?

Fokus auf geförderte Leistungsangebote: Werden nun verstärkt Leistungen entwickelt und angeboten, die zum Beispiel im Rahmen des Klimaschutzpakets der Bundesregierung gefördert werden – wie der Austausch von Ölheizungen in um-weltfreundliche Alternativen, die durch eine hohe Förderquote für den Kunden preislich attraktiv werden? Und die dem Wunsch nach ökologischem Handeln gerecht werden?

Etablierung modularer Produktangebote: Überlässt man dem Kunden die Verantwortung, sich seine Produkte so zu gestalten, wie diese es für richtig halten („Do it yourself“)? Entstehen dadurch flexible Bündelangebote? Auch mit weiteren Dienstleistern vor Ort?

Fortführung sozialer Innovationen: Kann man als Stadtwerk während der Krise eingeführte Aktivitäten (wie finanzielle Hilfen zur Stärkung des lokalen Handels oder für Menschen, die andere bei Aufgaben wie Einkäufen, Transportfahrten oder Online-Nachhilfekursen unterstützen) in das „New Normal“ übernehmen? Gibt es dafür eine Zahlungsbereitschaft bei Kunden? Oder ergeben sich daraus eher Ansätze für Kundenbindungs- und Bonusprogramme?

Einführung von Prepaid-Optionen als Möglichkeit, im Kundencenter bargeldlosen Zahlungsverkehr sicherzustellen: Kann das Angebot eines Prepaid-Tarifs hier sinnvoll sein, gegebenenfalls als Option in einem Modulbaukasten? Stellt sich alternativ die Aufstellung eines Bareinzahlungsautomaten für ein einzelnes Stadtwerk als wirtschaftlich dar?

„Neo-Ökologie“ als mächtigster Megatrend

Nach wie vor gilt, dass der Nicht-Ver-brauch von Ressourcen der beste Weg ist, Klimaschutz zu betreiben. Dazu hat uns Corona verholfen: Auch wenn im Homeoffice mehr Strom durch private Haus-halte verbraucht wurde, konnten diese Entwicklungen durch Minderverbräuche bei den gewerblichen und industriellen Verbrauchern mehr als kompensiert werden. Der Rückgang im Verkehr, bei Reisen und im Konsum hat ein Übriges getan, die Emissionen von Treibhausgasen und Luftschadstoffen deutlich zu senken. Allerdings wohl nur vorübergehend, da sich daraus keine strukturellen Veränderungen in Wirtschaft, Verkehrswesen oder Energieversorgung ableiten lassen.

Kann das ein Ansatz für Stadtwerke sein? Viele Menschen haben die saubere Luft in der Stadt oder die Stille genossen, als keine Flugzeuge in der Luft waren. Und damit schätzen gelernt, dass Verzicht auch positive Konsequenzen mit sich bringen kann. Nun ist nicht klar, ob das alles nach Corona wieder den früheren Level erreicht, oder ob Nachhaltigkeit und Entschleunigung stärker an Bedeutung gewinnen. Vermutlich wird für die einen gelten: Zurück zu alten Gewohnheiten – während sich andere stärker hinterfragen und zu dem Schluss kommen werden, bewusster mit Ressourcen und ihrer eigenen Gesundheit umgehen zu wollen. Die Aufgeschlossenheit einzelner Kundengruppen einer solchen Ausrichtung beziehungsweise solchen Angeboten gegenüber dürfte zumindest für den Moment gestiegen sein. So bezeichnet das Zukunftsinstitut „Neo-Ökologie“ als mächtigsten Megatrend.

Möglicherweise führt das zu Überlegungen, das bei vielen Stadtwerken schon auf der Agenda befindliche Thema Smart City noch stärker als bisher zu bearbeiten – ohne smart allerdings ausschließlich auf technische Intelligenz zu beziehen. Viel-mehr könnten Ressourcenschonung, Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit und damit das Wohlbefinden der Anspruchsgruppen einer Stadt (Bürger und Bürgerinnen, Unternehmen) im Fokus stehen. Damit ließe sich quasi eine Klammer um viele Angebote bilden, die ein Stadtwerk eh schon im Angebot hat – und das sich mit lokalen Partnern auch in anderen Feldern sinnvoll erweitern lässt.

Fazit

Auch wenn tatsächlich niemals klar ist, wie sich die Zukunft entwickeln wird, kann man als Stadtwerk versuchen, diese zu antizipieren und zu gestalten. Szenarien, wie sie zum Beispiel durch das Zukunftsinstitut nach beziehungsweise durch die con|energy unternehmensberatung auch schon vor Corona gezeichnet wurden, können einem Stadtwerk dabei Orientierung geben. Zu erwarten ist, dass Krisen wie diese Pandemie – die ja zudem noch gar nicht überwunden ist – jederzeit wieder auftreten können und wohl auch werden.

Nun ist die Zeit, Analysen vorzunehmen und zukünftige Risiken durch entsprechende Vorkehrungen beherrschbar zu machen. Aber auch Chancen, die die Krise hervorgebracht hat oder noch hervorbringen wird, sollten geprüft und genutzt werden. Etliche Entwicklungen, wie zum Beispiel die „Re-Regionalisierung“, dürften einem Stadtwerk in die Hände spielen“. Aber auch das Thema Digitalisierung sollten Stadtwerke nach dieser Generalprobe nun deutlich besser beherrschen. Daraus lassen sich vielfältige Ansätze ableiten, wie damit umgegangen werden kann. Die con|energy unternehmensberatung unterstützt dabei gerne im gesamten Prozess.